Seitdem Ende der 1990er HBO-Serien wie „Oz“ und „The Sopranos“ dem viel gepriesenen „Serienwunder“ den Weg bereitet haben, ist einiges passiert. Uns Zuschauer/inne/n wurden innovative Drama-Serien wie „The Wire“ (HBO), „Lost“ (ABC), „Dexter“ (Showtime), „Mad Men“ (AMC) und „Breaking Bad“ (AMC) beschert und Sender konnten sich an Quotenhits wie etwa der Fantasy-Serie „Game of Thrones“ oder der Zombie-Serie „The Walking Dead“ erfreuen. Mit dieser Entwicklung einhergehend etablierten sich auf dem US-amerikanischen Fernsehmarkt neue Sender, allen voran ist hier AMC zu nennen. Seit Kurzen macht nun auch der Streamingdienst Netflix mit Qualitätsproduktionen wie „House of Cards“ oder „Orange is the New Black“ von sich reden.
Im deutschsprachigen Raum hat man einige Jahre damit verbracht, ähnliche Qualität von heimischen Produktionen zu fordern. Nachdem das nicht viel gebracht hat, wurde eine Weile Ursachenforschung betrieben. In der Folge begründete man den Mangel herausragender Serien mit den vergleichsweise geringen Budgets europäischer Fernsehwirtschaften, einem zu kleinen Markt, zu starren und auf den Mainstream ausgerichteten TV-Redaktionen und einer unterschätzten Rolle der Drehbuchautor/inn/en. Gerade als die Resignation von Seiten des interessierten Publikums und der Kreativen nicht mehr zu übersehen war, kam Bewegung in die Sache. Überrascht stellte man fest, dass es auch in Europa gelingen konnte, Qualität auf die Wohnzimmerbildschirme zu bringen. So entstanden etwa in Dänemark – nicht zuletzt Dank der Sonderstellung, denen Autor/inn/en dort eingeräumt wird – erfolgreiche Serien wie „Borgen“ oder die Ko-Produktion „Die Brücke“. Auch französische Serien (z. B. „Les Revenants“) erregten das Wohlwollen der Kritik und wurden in Folge für den US-amerikanischen Markt adaptiert.
Qualitätsserien von Bezahlsendern
Zuletzt hat nun eine Produktion für Aufmerksamkeit gesorgt, hinter der maßgeblich der italienische Literat Roberto Saviano steht. Basierend auf seinem gleichnamigen Bestseller (und dem von Matteo Garrone inszenierten und vielfach ausgezeichneten Film) schrieb Saviano gemeinsam mit Drehbuchautor Leonardo Fasoli (Autor der TV-Serie „Squadra antimafia – Palermo oggi“) die Drehbücher zur Drama-Serie „Gomorrah“, in welcher es um die Machenschaften der neapolitanischen Camorra geht. Von der Kritik wurde die Serie schon einmal positiv aufgenommen und als eine Mischung aus „The Sopranos“ und „The Wire“ beschrieben. An der italienischen Produktion des Murdoch-Ablegers Sky Italia beteiligt ist auch die deutsche Beta Film.
Sky Deutschland wiederum ist bei der in Herstellung befindlichen internationalen Krimi-Serie „100 Code“ beteiligt (nach dem Roman „Merrick“). In dieser tauchen wieder einmal Frauenleichen auf, diesmal in Schweden. Die Ermittlungen im Fall verlaufen nicht ganz reibungsfrei, denn den Stockholmer Ermittlern wird der New Yorker Detective Tommy Conley zur Seite gestellt. Abgesehen von der Beteiligung eines Bezahlsenders ist „100 Code“ auch ein Beispiel für den Trend, die Qualität von Krimiformaten durch internationale Ko-Finanzierungen zu steigern, für die hier schon einmal mehrere Beispiele aufgeführt wurden.
Angekündigt wurde vor einen halben Jahr auch, dass Sky Deutschland beabsichtigt gemeinsam mit den britischen und italienischen Geschwistern Sky Italia und BSkyB die erfolgreiche italienische Comicreihe „Diabolik“ für das Fernsehen zu adaptieren. Sky Deutschland ist aber nicht der erste deutsche Bezahlsender, der sich an die Serienproduktion wagt. Für seinen Pioniergeist belohnt wurde zum Beispiel auch der Bezahlsender TNT, welchem mit dem Comedy-Format „Add a friend“ ein interessantes Experiment gelungen ist. Nicht nur Bezahlsender schielen auf die unzufriedenen Seher/innen, auch der Streamingdienst Netflix hat bereits angekündigt eine französische Serienproduktion zu finanzieren. Der französische Drehbuchautor Dan Franck („La séparation“) soll für Netflix unter dem Titel „Marseille“ ein französisches „House of Cards“ erfinden.
Namhafte Regisseure
Der Qualitätsmisere Abhilfe verschaffen will man anscheinend auch, indem man namhafte Regisseure an die Arbeit gehen lässt. Schon eine der bislang wenigen von der Kritik hoch gelobten deutschen Serien stammte von keinem geringeren als Dominik Graf. Die 10-teilige Krimi-Serie „Im Angesicht des Verbrechens“ (Autor: Rolf Basedow) handelte von zwei Berliner Polizisten, die im Mafia-Milieu ermitteln. Kürzlich wurde in den Medien nun kund getan, dass Tom Tykwer („Lola rennt“, „Cloud Atlas“) in Zusammenarbeit mit Sky Deutschland und ARD die Bestseller-Reihe „Babylon Berlin“ als modernes Polizeiepos in historischen Gewand für das Fernsehen adaptieren will. Auch hier ist die Münchner Beta Film involviert. In Italien lässt sich Ähnliches beobachten, so war kürzlich etwa zu lesen, dass Regisseur Paolo Sorrentino („La Grande Bellezza“) für Sky an einer Fernsehserie über einen fiktiven italienisch-amerikanischen Papst arbeite. Vor dem Hintergrund dieser neuen Entwicklungen und Allianzen in Sachen Serienproduktion darf man für die europäische Drama-Serie wieder ein bisschen Hoffnung schöpfen.
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